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das Pubass***
Powerpoppin' Daddy
Wie ich einmal
"Grapefruit Moon"
Ich sitze am liebsten alleine an der Theke. Nur mein Glas und ich. Kein dummes Gelaber. Keine angestrengten Gespräche über Themen die mich einen Scheiß interessieren. Volle Konzentration auf meinen Schnaps. Wundervolle Antworten. Die Leute denken man müsste mich in die Zivilisation zurückholen. Ich tue ihnen Leid. Welche Anmaßung. Ich bin gerade über mich hinausgewachsen. Ich besteige gerade den Mount Everest, während "Waltzing Matilda" meine Eingeweide erzittern lässt. Es dämmert schon, alles wird unklar, obwohl die Morgenvögel noch zwitschern. Noch ne Runde - das Karussell dreht sich gerade so schön. Round and Around. Das ist Rock´n´Roll, oder doch eher Blues? Morgen früh wird sogar meine Zahnbürste betrunken gemacht. Es gibt so´n Disco Motto "Glücklich am Freitag", meinen die mich jetzt? Sind die genauso glücklich wie meine Pinchen? Unvorstellbar. Wieder ein Angriff auf meine melancholische Einsamkeit. Verpiss Dich! Die Band spielt gerade Twist, sie kommt auch ohne Dich wunderbar zurecht. Immer nur Bla, Bla, Bla. Wenn ich meine Gedanken artikulieren müsste, würden sie mich abholen. Langsam geht meine Sonne unter. Prost und ahoi! Der Seemann entert sein Zweimannboot.
Alt macht jung, Euer Pubass.
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"Gambling Bar Room Blues"
von Jimmie Rodgers (1927)
Die Bierstube stirbt aus. Ihr geht es ähnlich wie dem "Tante-Emma-Laden", der vom Supermarkt gefressen wurde oder dem "Büdchen", das sich mit Ölmultis rumschlagen muss. Die Bierstube wird von Café-Ketten bedroht, die sich in jede Stadt hineinschleichen und den Biertrinker zivilisieren wollen. Die Theke wird gebändigt, indem sie mit Blumen dekoriert wird. Der Gast wird von vitaminreichen Säften bedroht. Wer hat schon Laune in einer Brasserie ordentlich zu tanken? Die Stromlinienförmigkeit unserer Gesellschaft zieht sich bis in den Schnaps.

Es gibt nur einen Ausweg: die Tätowierstube muss reanimiert werden - Kneipe und Tätowierladen unter einem Dach. Wie zu Christian Warlichs Zeiten sitzen tinten- und trinkenfreudige Gäste an der Bar um ihrer Leidenschaft nachzukommen. Die gute "Stube" wird zur Begegnungsstätte, in der man farbige Geschichten austauscht und sich auch mal auf die Pelle rücken darf. Hier würde auch die geschlechterspezifische Mischung stimmen, wenn man bedenkt wie viele Ladies mit Steißbeingeweih oder Mustertapete umher spazieren. Außerdem könnte man sich auch vorher fachkundig informieren lassen von den Experten an der Theke. Tinte und Tequila - das passt.
In diesem Sinne, mit bunten Gedanken, Alt macht jung - das Pubass***
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"Long Shadow"
"...somewhere in my soul, there is always Rock And Roll." Von Joe Strummer für Johnny Cash (2002)
Die Tristesse des Herbst-Winter-Bastards quält meinen Gemütszustand. Berlin im November vernebelt meinen Blick zu einem permanenten Grauen Star. Der Abend beginnt mittlerweile um vier Uhr nachmittags. In dem abgestandenen Glas vor mir kann ich leicht verschwommen die Gesichter der gegangen Geister erkennen, die mich die letzten Jahre begleitet haben. Kein schlechter Zeitpunkt mein Glas auf Joe und John zu erheben, deren schöpferischer Schatten mein Leben lange umschlang. Ein melancholischer Ostwind schwirrt um den Ouzo in meiner Hand und lässt mich an ein zurückliegendes Konzert von John R. Cash erinnern, als er in dem unsäglichen Köln spielte. Cashs Auftritt war vor dem Alternative-Hype der letzten Platten und erinnerte eher an die Hillbilly-Rawhide-Szene in "Blues Brothers", als den Elder-State-Man-Auftritten der letzten Jahre. Kurz nach Konzertbeginn schmiss einer der Rockabillys in der ersten Reihe Cash eine Cola-Dose an den Kopf. Die prallte ab, als würde man einen Stein auf eine Eiche werfen, ohne dass sie auch nur den Hauch einer Schramme davontragen würde. Cash spielte unbekümmert weiter mit der Erfahrung von über 1000 Konzerten, die ihn von den dreckigsten Spelunken des Deltas, den schäbigsten Honky-Tonks Texas´ über die südkalikornischen Gefängnisse schließlich bis ins trostlose Köln führte. Die ganze Szene war dieses Mannes unwürdig und ließ erahnen wie tief sein Abstieg in den Achtziger Jahren war, bevor der Heilsbringer Rubin ihn produzierte. Damals traute man sich kaum den Namen Cash in den Mund zu nehmen, ohne in eine Schublade gesteckt zu werden, in der schon ein Cowboy-Hut, eine Fransen-Jacke, Truck-Stop und Gunther Gabriel steckten. Joe Strummer und Johnny Cash teilten die letzten Monate ihres Lebens und nahmen zusammen einige Songs auf, die demnächst erscheinen werden. Vor zwanzig Jahren hätte diese Nachricht Empörung ausgelöst, mittlerweile fügt sich das große Puzzle des Rock´n´Roll zusammen. Vielleicht werden die Aufnahmen diesem tränenreichen Jahr Linderung verschaffen. Die Vorfreude darauf lässt mein Glas erfüllen. Einen Toast und drei Whiskeys auf die brennenden Städte, die Huren Babylons und ihre gefallenen Engel, die Schlächter und Mörder. Von Brixton bis Reno erhebe ich mein tränengefülltes Glas auf Euch: auf Delia, auf Tommy und all die anderen verletzten Seelen.
Alt macht jung - das Pubass***(c) 2003
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"Sunday Morning Coming Down"
Kris Kristofferson 1972
Hey-Ho Leute, ich bin auf dem richtigen Weg, wie die breite Zustimmung in der Bevölkerung beweist, die meine erste Kolumne geradezu hysterisch 107% positiv aufgenommen hat. Der richtige Weg heißt, aufrecht, per saldo, mit reinem Gewissen dem Alkohol ins Auge blicken. Dem Alltag keine Träne hinterherweinen, entfliehen in den glückseligen, befreienden und tröstenden Suff. Letzte Woche stellte man mir die Frage: "Warum trinkst Du so viel?" Ich antwortete: "Warum trinkst Du so wenig?" Wir sind eine Gesellschaft der Enthaltsamkeit geworden. Das Übermaß wird verfemt. Exzesse sind verpönt. Das Fasten wird zur Staatsdoktrin. Manchmal denk ich mir, man kann gar nicht soviel trinken wie man kotzten möchte. Ich rufe zum offenen Widerstand auf! Widersetzt Euch den Spielverderbern! Der Sonntag bietet sich geradezu ideal für Raki-Riots an. Wir treffen den Feind dort, wo er meint ungestört zu sein. Geht in die Heiligen Hallen der Gastronomie, betet die Getränkekarte an wie der Jesuit die Bibel und zelebriert eine Promille-Messe, die den Petersdom in seinen Grundfesten erschüttern würde. In meine Gebete ausdrücklich ausgeschlossen sind brunchähnliche IT-Treffen. Frühschoppen bleibt Frühschoppen, Brunch-Bashing ist angesagt. Wenn die Säufersonne aufgegangen ist, empfehle ich einen enzymanregenden Sonntagsspaziergang mit kurzen Gepäck. Schaut Euch die ganzen glücklichen Familien mit Mama, Papa, Kevin, Jenny und Hundi an. Die Kirchenglocken läuten, das Laub fällt leise, angestrahlt von der wolligen Frühlingssonne auf das frische Gras. Ihr mittendrin, leicht debil grinsend, der heilen Welt zuprostend, unbesiegbar und gar nicht neidisch. Jetzt ist der Zeitpunkt des Protestes gekommen. Schreit es so laut es geht heraus! "Deine Frau sieht scheiße aus, Dein Sohn kifft, Jenny hat schon gepoppt und Du bist die erste Rationalisierungsmaßnahme im neuen Jahr. Sei froh, daß ich Deinen Volvokombi nicht anzünde und Deinen Hund nicht überfahre. Verpiß Dich, keiner vermißt Dich!"... Ich gehe auf die Leute zu und frage:"Wißt Ihr, wo die nächste Tanke ist?" "Klar, Du mußt... ." Glück gehabt, aber wenn ich Euch nochmal Sonntags hier sehe... .
Alt macht jung - das Pubass***(c) 1/2003
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"Let the good times roll"
Ein Abend mit Ray Collins´ Hot-Club
Leider haben wir die Goldenen Zeiten des Swing in Deutschland nicht erleben dürfen. Das zarte Pflänzchen R&B, das sich in den 30iger Jahren vorwiegend in den Großstädten des 3. Reiches entwickelte, wurde von den Nazis gnadenlos niedergetrampelt. Nach dem Krieg hatten die Leute andere Sorgen - Bill Ramsey und Konsorten sorgten für das nötige Feel-Good-Feeling. In den Staaten sorgten Bandleader wie Louis Prima oder Count Basie für den nötigen Tanzjive in der Prä-Rock´n´Roll-Ära. Die Songs kamen frisch aus dem Radio - sie wurden live mit Orchester im Radio-Studio eingespielt - in die Wohnstube.
Der Rock´n´Roll leitete einen Paradigmenwechsel in der Musik ein, ohne dass der Swing gänzlich verschwand, insbesondere in den 90iger Jahren setze eine Neo-Swing-Welle ein, deren Ergebnis ein Konglomerat aus traditionellen Swing und Rock´n´Roll mit einem feurigen Schuss Punk-Attitüde war.
Eigentlich sind diese Zeiten längst vorbei und wenn man Bilder von tanzenden Matrosen, GI´s, Männern in Zoot-Suits und sexy Bräuten sieht, dann nur in Filmen mit James Cagney oder Humphrey Bogart oder...wenn Ray Collins´ Hot-Club eines ihrer raren Konzerte geben.
Am 28. Februar war es mal wieder soweit, dass Ray Collins und seine zehnköpfige Band das "Gewölbe Kölns" zum kochen brachte. Das Konzert sollte als Record Release Party für ihre neuste Scheibe "Honk My Horn" dienen, hatte aber nichts mit den üblichen drögen Release Parties am Hut. Die Band spielte eine heiße R&B-Revue, die sich nicht nur auf ihr neues Album beschränkte, sondern auch einige Songs ihres fantastischen Werks "Shaking That Boogie" ("Nothing But Your Kiss", "Hot-Club Special", "Baby Won´t You Please Come Home", u.a.) und der Vorgängerband Pyromanix ("You Got Me Singing") beinhaltete. Die Songs tendieren mittlerweile eher zum traditionellen Swing, die früheren Rock´n´Roll-Elemente sind nur noch rar gesät. Dadurch konnte Ray Collins seine Klampfe abgeben und schwingt jetzt als Bandleader den Taktstock. Die Jungs - leider ist die Sängerin Laurie Sanders nicht mehr an Bord - spielten eine hinreißende Show. Die Spielfreude tropfte ihnen aus jeder Pore ihres Körpers. Halsbrecherische Saxophonsolos wurden durch Trompeten- und Posaunenakrobatik abgelöst. Eine rasante Tour de Swing, die an Perfektion und Hingabe kaum zu überbieten war. Das Publikum hatte sichtbar Spaß und die Petticoats und Two-Tone-Shoes wirbelten übers Parkett. Im Gegensatz zu früheren Konzerten waren diesmal keine Matrosen- und GI-Outfits vorzufinden, dafür umso mehr Rockabilly´s, die den Veranstalter vor ein erhebliches Bierversorgungsproblem stellten, aber auch viele ältere Damen und Herren, die Glenn Miller noch live erlebt haben könnten. Auch DJ At, der in den Band-Pausen den Tanzwütigen einheizte, dürfte seinen Rentenantrag mittlerweile in der Tasche haben - von Neo-Swing hat er sicherlich noch nichts gehört. Es ist schon bitter, dass diese Band das Schicksal der späten Geburt erlitten hat, sonst wäre ihnen eine größere Aufmerksamkeit gewiss - und nicht diesem Depp Dick.
Weitere Infos unter:www.the-hot-club.com
"Get A Move On It" Alt macht jung - das Pubass***