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das Pubass***
Powerpoppin' Daddy
Wie ich einmal
Powerpoppin´ Daddy (Rockass 6/Sommer 2005)
Die Powerpopkolumne
Bin ich das, oder sah es in den vergangenen Wochen und Monaten an der Powerpop-Veröffentlichungsfront tatsächlich etwas duster aus? Wo eine Aufhellung doch gerade jetzt so nötig wäre. Wo sind sie, diese Harmonien, so federleicht wie eine CO2-Wolke? Durakkorde für den Treibhauseffekt - gebt mir Platten, die die Erdatmosphäre erwärmen! Von wegen Kyoto: Die Treeberrys stammen ja bekanntlich ebenfalls aus dem Land der aufgehenden Sonne. Und die sind auf dem so eben erschienenen Sounds-of-Subterrania-Labelsampler "Leitwerk der modernen Idiomatik" so ziemlich das Highlight. Nichts Exklusives, aber mit "Down" eines der Top-Stücke der selbst betitelten LP der Japaner, bereits die zweite auf SOS. Wer seinen Merseybeat mit einer satten Siebziger-Produktion mag (vgl. Pezband, Poppees/Sorrows), der sollte sich gleich noch das ganze Album und den Vorgänger "Talkin ´Bout…" besorgen. Und wenn man gerade schon mal im Laden ist, auch gleich die famose "Gothenburg Rifle Association"-LP/CD, von der auf "Leitwerk…" das schöne "Brand New Order" drauf ist. Da der Geschmack von SOS-Kapitän Gregor Samsa breit gefächert ist, gibt es auf dieser 27-Track-(!)-CD einen ganzen Haufen prima Bands aus den Bereichen Powerpop, Beat, Punk, Garagen-Rock´n´Roll, usw.: Rachael Gordon, Nuggets, King Khan, Stilettos, Dirtbombs, Beat-Man… - und das ganze zu einem derart sensationellen Preis, das sich das Brennen gar nicht erst lohnt (8). Das norwegische Label Sneakers hat mich wie SOS in den letzten Jahren selten enttäuscht. Leider hat sich das mit dem jüngsten Release, der 7" "Oowee Beat" geändert. Schade, so ein viel versprechender Bandname (The Oowees), und dann so eine 08/15-Poppunk-Single, wie sie jede Ramones-Cover-Combo aus Westerkappeln besser hinbekommt. (3) Punkte für die okaye "Supermarkt Ballad", aber da muss eindeutig mehr kommen von der Firma, die immerhin schon auf Veröffentlichungen der Yum Yums zurückblicken kann. Von Letzteren, munkeln Eingeweihte, ist nach zweijähriger Pause auch mal wieder ein Longplayer zu erwarten. Für den kleinen Hunger zwischendurch gibt es erstmal die Clubtour, die Morten & Co. am 18. März auch ins Gleis 22 führen wird - lecker! Auf deren Stammlabel Screaming Apple kam ja unlängst die ziemlich abgefeierte Boss Martians-LP raus, die ich für gut, obschon nicht überragend befand. Genauso wie die erste Auskopplung "I Wanna Be Your Addiction" (Bad Attitude). Hübsches Cover, solider Pop-Punk, dafür eine (6,5). Besser noch "Circus/Everything" (Sweet Nohing) von den Sights (7,5), Vorbote des kommenden, dritten Albums. Der Vorgänger "Got What We Want" war aus meiner Sicht ein absoluter Meilenstein, die Single "Be Like Normal" eine der herausragenden Singles der letzten beiden Jahre. Mir völlig unverständlich, dass die von Jim Diamond produzierte Scheibe den Jungs aus Detroit nicht zum absoluten Durchbruch verholfen hat. Neuer Versuch also: Die A-Seite geht mehr in die Blues-Punk-Richtung, die B-Seite ist gefälliger Mod-Pop. Das ganze von Diamond mit der nötigen Slickness versehen, für die uns Popper mancher Rocker vermutlich am liebsten den Arsch versohlen würden. Jetzt mal was ganz anderes: Auf der hektischen Suche nach den neuen Libertines sind der britischen Öffentlichkeit glatt die neuen Undertones (Thee Unstrung) respektive die neuen Buzzcocks (Paddingtons) durch die Lappen gegangen. Beide haben bislang je eine grandiose Single auf dem Alan-Mc-Gee-Label Poptones herausgebracht. Die der Paddingtons heißt "21" und ist eine gewöhnliche Pop-Punk-Nummer. Die B-Seite "Some Old Girl" jedoch glättet in drei Minuten sämtliche Sorgenfalten im Gesicht mit seinen gepfefferten Riffs, dem hymnischen Refrain, der an Pete Shelley geschulten, hoch gepitchten Stimme (9) und einem Schuss Snottiness. Noch besser das Debütwerk der Unstrung, weil sich das enorme Niveau gleich über beide Seiten hält. "Contrary Mary" klaut ganz ordentlich bei Feargal Sharkey und Co., während die Rückseite "You" sich noch stärker an 78er UK-Mod/Powerpopbands wie Moondogs oder Donkeys anlehnt (10) - sollte man unter allen Umständen besitzen!! Apropos britische Öffentlichkeit: Die hat sich selbstverständlich erneut einen Dreck um die zweite europäische Auflage des International Pop Overthrow-Festivals, wieder in den heiligen Hallen des Liverpooler Cavern Clubs, geschert. Zugegeben, das Niveau war geringfügig niedriger als im Vorjahr. Aber eine Mod-Revival-Legende wie Colin Swan und seine wieder belebten Direct Hits vor fünf Leuten zu sehen, das treibt einem schon die Tränen in die Augen. Vor Freude, denn nicht nur Mohair-Anzug und Desert Boots passen Swan immer noch wie angegossen. Auch unvergessene Gold-Stücke wie "Christopher Cooper" oder "What Killed Aleister Crowley" haben in 20 Jahren keine Patina angesetzt. Das gesamte Oeuvre von Swan wird übrigens derzeit vom neuen "Blaamm"-Label auf mehrere CDs verteilt neu veröffentlicht. Andere Highlights in Liverpool waren die spanischen Jet Lag und aus Frankreich Sweet Apple Pie, wenngleich beide Bands mit Soundproblemen zu kämpfen hatten. Jet Lag haben auf dem US-Garagen-Label Get Hip eine ganz brauchbare CD herausgebracht ("Beautiful Scars"/7), Sweet Apple Pie auf dem amerikanischen Vorzeigeunternehmen Not Lame eines der besten (Indie-)Gitarren-Pop-Alben des vergangenen Jahres ("Between The Lines"/9,5) - Pflichtkauf für alle, die ihre Rock-Scheuklappen mal für einen Moment ablegen und bei Acts wie den Jessica Fletchers, Long Winters oder Brendan Benson Glückshormone ausschütten. Die größte Überraschung aber war das Londoner Quartett Mini, die als letzte Band am Schlusswochenende auf die Bühne kamen. Zuvor hatte mich eine drittklassige La`s-Kopie aus Liverpool komplett eingelullt. Schon beim ersten Song von Mini aber begann ich im Halbschlaf nervös zu zucken. Das hier war klassischer Siebziger-Powerpop in der Tradition der großen B´s. Dabei hat das Quartett außer einem 4-Track-Demo bis heute noch gar nichts veröffentlicht. Jetzt weiß ich, wie sich Brian Epstein gefühlt haben muss, als er im Herbst 1961 an gleicher Stätte die Kellertreppe hinunter schritt, um sich vier einheimische Rotznasen namens John, Paul, George und Ringo anzuschauen. Spätestens Bei der ersten Cover-Zugabe, Badfinger`s "No Matter What" war mir dann fast alles egal und bei "Jet" von den Wings bin ich dann komplett, äh, durchgestartet. Hätten sie noch "Rock Show" gespielt, ich wäre nackt auf den Tisch gestiegen und hätte dort weitergetanzt. Aber mal ganz ehrlich,
Crawdaddy