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New Bomb Turks
Nine Pound Hammer
M.O.T.O.

Der 7.12.2002 war ein verdammt geiler Tag! Die New Bomb Turks kamen im Rahmen ihrer Abschieds-Europatour mit nur 4 Deutschland - Gigs in unser ausgelagertes Wohnzimmer, das Gleis 22/Münster!. Die Jungs hatten sich für ihre letzte Tour einen echt dichten Tourplan auferlegt, fuhren sie doch in weniger als 4 Wochen durch halb Europa. Am Vorabend hatten sie in Stuttgart gespielt, was wohl ganz gut gewesen sein muss. Zuvor in München waren nur ca. 170 Leute am Start, obwohl der Club vor Ort noch deutlich mehr Leute gefasst hätte. München ist definitiv keine Rock´n´Roll Stadt! Die Show im Gleis war auf jeden Fall seit gut einer Woche absolut sold-out! Spät nachmittags rückte sogar ein junger Mann aus Erfurt an und bot 250€ für ein Ticket! (Das wurde abgelehnt, er kam dann doch rein, weil er sich bei einem von den Turks auf die Gästeliste schnorrte!) Die NBT kamen pünktlich aus dem Schwabenland in zivilisierte Landstriche, genossen das leckere Essen im Gleis und verzichteten dafür auf den Soundcheck. Das war doof, denn ich wollte eigentlich während diesem ein paar Bilder machen, da mir klar war, dass bei der Show am Abend das nur unter Lebensgefahr möglich sein würde. Dieselbe Idee hatte auch Crawdaddy, seines Zeichen rasender Reporter nicht nur fürs Rockass, sondern auch für die Westfälischen Nachrichten, dem örtlichen Käseblatt aus Münster. Mit Mühe konnte er dann Eric überreden, zumindest kurz mit mit Mikro fake.mässig zu posieren ("That´s ridiculous-o.k.,i´ll do one!"), Ergebnis siehe unten. Am Abend dann lief an der Tür alles sehr friedlich ab; Befürchtungen, dass hunderte Leute ohne Ticket den Laden stürmten, trafen gottseidank nicht ein. Die Dirt-Shakes aus Solingen lieferten einen respektablen Warm-up, danach überbrückte Duchman, ein französischer Solo-Organist, mit einer Performance irgendwo zwischen Franz Lambert und Suicide die Zeit bis zum Haupt-Act. Und dann: All hell breaks loose! Die Turks entern die Bühne und sofort wogte und pogte die Menge bis in die letzte Ecke vom Gleis 22. Der Boxenturm neben der Bühne drohte bereits nach wenigen Minuten sich selbstständig zu machen und wurde von freiwilligen Helfern um den Preis der Gehörlosigkeit irgendwie in einer Ecke festgequetscht. Für mich war es ein absolutes Wunder, dass sich in den nächsten 1 ½ Stunden niemand ernsthaft verletzte, aber die Crowd war gut drauf und wollte Spaß. Und den bekam sie! Absolutes Highlight war für mich die erste Zugabe, als "Mr Suit" von Wire gespielt wurde. Jim, der Gitarist, erzählte später, dass Joachim Hiller vom Ox-Magazin ihm abends beim Interview sagte, dass Colin Newman von Wire die Turks-version für das beste Wire - Cover hielt! ("That really saved my day") Einer von den tausend Leuten, die in dem Chaos auf der Bühne rumstanden, war King Khan, ein alter Bekannter der Band aus alten Spaceshits -Zeiten und frisch gebackener Vater, der im Laufe des Auftrittes zunehmend versuchte, sich das Mikro zu angeln und an der Show zu partizipieren, was Sänger Eric sichtlich auf den Sack ging. Kurz bevor die Bühne dann ganz zu Bruch ging, war dann Feierabend; Bier- und schweißgetränkt, konnte man erst mal ins Sauerstoffzelt. Irgendein Wahnsinniger, der seinen Schneidezahn abgebrochen hatte, als er sich am Bühnenrand auf die Fresse gelegt hatte, rannte freudestrahlend nach draußen: "Boh ey, das war´s wert, ey". Na, ich möchte wissen (oder besser nicht), wie er die Sache am Sonntag Morgen gesehen hat. Nach der Show ging die Band dann mit Alfred Bradford über die Straße in den Green Hell Plattenladen zu einem New Bomb Turks Midnight Special Sale. Überraschenderweise kauften die Jungs nicht nur Punkrock, sondern kamen u.a. mit Nick Cave, Radiohead und Soundtracks of our lives - Scheiben in den Club zurück. Der Abend schloß glorreich mit der "Infectious Grooves"-Party im Gleis, bei dem die Turk Boys zu den Smiths, Cure und den Ramones tanzten und kroatischen Schnaps dazu soffen (zumindest zum Teil). Um fünf Uhr morgens war dann endlich Feierabend, nachdem es kein Bier mehr im Gleis gab - alles weggesoffen, das habe ich auch noch nie erlebt! Na gut, von den Leuten die ich kannte, brauchte auch keiner mehr was. Schnell die Band ins Taxi und ab nach Hause. Nach 5 Stunden Schlaf, wenn man das mit dem Höllen-Tinnitus so nennen kann, konnte ich schon wieder aufstehen und Frühstück organisieren. Amerikaner freuen sich ja immer, wenn es Nutella gibt, dieses kraftspendende, unverzichtbare Lebensmittel, das die Firma Ferrero so nett war zu erfinden. Jim probierte es gemischt mit einem vegetarischen Brotaufstrich Tomate-Mozarella - Ich hätte fast gekotzt. Um 12.00h traf sich die Crew am Gleis und man konnte dann nur noch winken, die Turks fuhren nach Berlin. Respekt für das ausdauernde Rock´n´Roll Leben dieser sympathischen Musikerschar, ich war auf jeden Fall zu nix mehr zu gebrauchen an diesen Tag. Bewegende Abschiedsworte von den Turks im Interview, backstage vor der Show:

RA: Was bedeutet eigentlich der Bandname "New Bomb Turks"? Ist das aus einem Film?
Matt: New Bomb Turk ist ein Charakter in einem Spielfilm namens "Hollywood Nights" aus den Achtzigern. Eigentlich hat es keine tiefere Bedeutung.
RA: Wie habt ihr den damals eigentlich angefangen? Seit ihr Schulkollegen gewesen?
M: Wir haben uns in der Radiostation getroffen, an der wir alle gearbeitet haben. Jim und Eric haben schon vorher zusammengespielt, die wohnten auch zusammen und dann brauchten sie noch einen Bassisten und haben dann mich gefragt. Ich brachte noch Bill mit, wir spielten so 3 Jahre und dann ist Tim Warren irgendwie an ein Tape von uns gekommen.
RA: Habt ihr ihm ein Tape geschickt?
M: Nein, ich habe ein Tape einem Typen von Matador gegeben, der unsere Single mochte. Er gab es dann an Tim und der rief mich dann irgendwann an. Ich bin mit einem von Gaunt nach New York gefahren und wir haben Demo Tapes von unseren Bands an verschiedene Leute gegeben. Ich glaube es war schon 5 Monate später, als Tim mich anrief.
RA: Damit hast du überhaupt nicht mehr gerechnet?
M: Nein, absolut nicht. Eigentlich hatte ich auf einen Deal mit Matador Records gehofft.
RA: Seid ihr noch in Kontakt mit Tim? Er veröffentlicht ja jetzt eure ersten beiden LP´s als 180g Pressung.
M: Ja, wir haben neulich noch einige Tage bei ihm in New Jersey verbracht. Wir haben Shows in Philadelphia und in der Gegend von New York gespielt und konnten von seinem Haus aus pendeln, das war dann immer so eine Autostunde.
Eric: Das war ziemlich witzig, er macht ja immer noch die Teenage Shotdown - Comps und den Mailorder Kram. Er lebt in einem schönen, großen, etwas runtergekommenen Haus und war die ganze Zeit mit Haus- und Gartenarbeit beschäftigt. Wir haben einige witzige Photos von ihm geschossen.
RA: Immer mit Sonnenbrille auf?
E: Oh, ja klar
RA: Da gibt es eine interessante Geschichte.: Der Sänger der Sin City Six, der kürzlich verstorben Lee Robinson, hat mal einen der Gleis-Konzertpromoter im Rausch angegriffen, weil er dachte er wäre Tim Warren, weil er eine Sonnenbrille aufhatte.
M: Pff. Tim wollte eine Platte von denen rausbringen, aber die war nicht gut genug.
RA: Was machen denn einige eurer Weggefährten von früher, z.B. die von Gaunt aus eurer Heimatstadt mit denen ihr eure erste Split - 7" rausgebracht habt?
M: Jerry von Gaunt ist leider tot, er ist vor 2 Jahren spät nachts mit seinem Fahrrad überfahren worden. Unsere neue Platte ist ihm gewidmet. Jovan von Gaunt hat eine Band namens "The Listening Party", Sam ist bei den New Bomb Turks. Er hat noch eine andere Band, "The sun", mit denen wird er ab Januar durchstarten. Eric, der Bassist, hat eine Kunst-Galerie und ist gerade Vater geworden..
E: Es ist witzig, wir hatten lange nichts von Teengenerate gehört, wir wussten gar nicht ob es sie noch gibt. Dann haben wir neulich in Sacramento/California gespielt, als der Typ auftauchte, der in der neuen Band namens "Firestarter" Drummer ist, das sind quasi Teengenerate mit neuem Drummer, die spielen mehr Real Kids mäßigen Power-Pop. Er gab mir eine Platte von denen, die sind echt sehr gut. Ich denke also, denen geht´s ganz gut.
M: Nine Pound Hammer gibt es wieder!
E: Ja es gibt sogar einen neue Platte. Tja, und die The Devil Dogs: Andy G. hat immer noch seine Roller Kings am Start, er hat aber immer Probleme die Bandmitglieder zusammenzuhalten. Steve Baise und Mighty Joe spielen manchmal zusammen. Sie haben jetzt eine Single als "The Bomb-Pops" rausgebracht, eine ziemlich coole Power Pop-Sache. Mighty Joe arbeitet in einer Bar in New York und versucht hier und da was zu machen, es ist halt teuer in N.Y., was Proberäume angeht usw. Alle Bands, die auf Crypt waren, machen auf jeden Fall noch irgendwas.
RA: Was macht denn euer alter Drummer Bill Randt? Die Trennung war ja doch nicht ganz friedlich?
E: Ja stimmt, wir hatten am Anfang der Geschichte ein Gespräch in einer Kneipe über 3 Stunden, wo ich ihm gesagt habe, dass er nicht mehr mit vollem Herzen dabei sei und wir überlegt hätten, dass wir einen neuen Drummer brauchen Er sagte dann, jaja, verstehe, und ich dachte schon, na ja, das lauft ja einigermaßen cool. Dann wurde er aber später doch noch komisch und dachte wir würden Geld zurückhalten und so´n Scheiß! Er spielt, glaube ich, in einer Band namens "Jack-Saints" in San Francisco, die auf Scooch Pooch eine Scheibe raushaben, auf der er aber noch nicht drauf ist.
RA: Was war denn der Grund, dass ihr das Epitaph-Label verlassen habt?
Jim: Der Vertrag lief einfach aus
RA: War es o.k. für euch dort?
J: Es fing gut an und wurde immer schlechter.
M: In Europa lief es gut.
E: Mit dem ganzen Geld, dass durch Offspring reinkam, haben sie versucht das Label zu erweitern und eine ganze Menge Garagenband, z.B. Humpers, Red Aunts und uns geholt. Für ein Jahr lang haben sie dann sie sich auch drum gekümmert, aber danach die Verträge nur noch auslaufen lassen. Für unsere letzte Platte haben sie absolut nichts mehr gemacht.
RA: Was war den das bestverkaufteste NBT Album?
M: Was glaubst Du?
RA: Ich schätze mal das erste "Epitaph" Album.
E: Tja, vielleicht. Aber wir haben niemals irgendwelche Zahlen gesehen!
M: Ich glaube "Destroy-oh-boy". Ich muss mal sehen, das wird jetzt mein job sein, wenn wir wieder zu hause sind, die ganze Zahlen von Epitaph aufzudecken.
E: Es gibt Gerüchte, dass Epitaph von einer größeren Firma gekauft wird. Wir kennen auch gar keinen mehr bei denen, die Leute mit denen wir am Anfang gesprochen haben sind alle weg. Ich kann also nicht mal eben anrufen und fragen, hey wie sieht´s aus?
RA: Was ist denn euer Lieblings NBT-Album? Oder gibt es etwas was ihr rückwirkend nicht mehr gut findet?
E: Es gibt viel zu viele Lyrics auf "Information Highway revisited". Es gibt einige Stücke auf jedem Album die wir nicht mehr spielen. Ich würde nicht nicht sagen, dass ich sie jetzt hasse oder so, aber mit der Zeit denkt man vielleicht mal, dass war jetzt nicht so toll. Also, einen Favoriten habe ich eigentlich nicht.
M: Also eigentlich ist das neueste Album immer das Lieblingsalbum.
E: "Nightmare scenario" gefällt mir sehr gut, das sind wirklich starke Stücke.
M: Die "Sam - Alben" sind am besten.
RA: Was war denn abschließend das Highlight in eurer Bandkarriere?
M: Jetzt waren wir neulich in Kroatien mitten in einer Englisch Klasse.
E: Ja, wir waren untergebracht bei einer alten Lady und haben am Morgen mit der Tochter viel geredet und sie fragte uns, ob wir nicht mit ihr zum Englisch Unterricht gehen würden und ehe wir es uns versahen standen wir mitten in einer Highschool Klasse.
RA: Gab´s auch negative Höhepunkte? Du hast mir doch mal erzählt, dass die Adicts Jim´s Gitarre klauen wollten.
M: Yeah,, sie haben Jim´s Gitarre im Keller dieses Theaters in Chicago versteckt. Die waren angepisst, weil wir uns die ganze Zeit über sie lustig gemacht haben. They sucked really bad!
(Der Drum-Soundcheck von den Dirtshakes fängt an, das Gespräch wird etwas anstrengender zu verstehen, insbesondere das Abhören des Interview-Tapes ist definitiv kein Spaß mehr!)
RA: Was sind denn eure Pläne für die Zukunft?
E: Ich versuche noch als freier Schreiber zu arbeiten. Sam was machst du jetzt?
S: Ich versuche soviel wie möglich von diesen Ritter Sport Schokoladen zu essen.
E: Ritter Sport ist klasse, es gibt sie nicht in den Staaten. Jim, was machtst du?
J: Ich gehe wieder zur Schule. Ich werde Lehrer.
RA: Und du Matt?
M: Ich gehe wahrscheinlich auch zur Schule und werde Lehrer oder Bibliothekar. Ich werde erst mal Arbeit suchen und hier und da ein paar Songs schreiben. Aber konkrete Pläne mit Bands oder so habe ich nicht
E: Ich will nächsten Jahr noch eine Compilation rausbringen, die eigentlich schon als 10" dieses Jahr rauskommen sollte, aber nie erschienen ist, mit unreleased stuff und Singles usw.
RA: Seid ihr denn ein bisschen melancholisch auf eurer letzten Tour?
E: Bis jetzt ist noch keine Zeit dafür gewesen. Die neue Platte ist raus, wir diese Tour geplant, die super gelaufen ist. Naja, vielleicht kommt das noch wenn wirklich die letzten Shows auf uns zu kommen. Die letzte werden wir Sylvester in Cleveland mit den Dirtbombs spielen. Es ist auch nicht so, dass wir nie wieder spielen werden. Keiner muss Hals über Kopf abhauen, weil er einen super Job in Kalifornien hat.
M: Es wird schon noch Möglichkeiten geben mal wieder zusammen zu spielen. Wir haben auch schon für das Gearfest in Skandinavien 2004 zugesagt! Das mussten wir dem Labelboss zusagen, der war schon sauer, dass wir nicht mehr touren
E: Es ist schon cool, wenn Kids zu uns kommen und uns sagen, hey ihr musst weitermachen, ihr seit coole Leute und so, das ist schon nett und manchmal auch traurig, klar.
RA: Noch letzte Worte?
E: Danke an alle, die Konzerte mit uns gemacht haben, zu unseren Shows gekommen sind und unsere Platten gekauft haben!

Pete Rockass (12/ 2002)
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They were never gone... Und dann waren sie auf einmal wieder im Gleis 22. (Juni 2005) Die fantastische neue Platte "Kentucky Breakdown" hatte nicht zuviel versprochen, die paar Pfunde mehr auf den Rippen und der zunehmende Haarausfall taten den Live-Qualitäten keinen Abbruch. Augenzeugen konnten keinen Energieverlust zu den furiosen Auftritten Mitte der Neunziger an gleicher Stelle feststellen. Duniel durfte Sänger und Fred Feuerstein-Lookalike Scott LuAllen vorm Essen ein wenig zur Lage befragen

RA: Was hast du so getrieben nach dem Split?
SL: Der Split ist ja jetzt vorbei. Also, Blaine machte Nashville Pussy und ich, married, got a job, settled down, wie in dem Song halt. Ich hab erst mal ne Weile gar nichts gemacht und sprach dann irgendwann mit Blaine, er meinte jeder spricht mich auf 9Lb.H an, wenn ich auf Tour bin. 2000 sagte ich, dann lass uns es machen, einfach eine Show spielen. Also machten wir eine in Atlanta und es waren 500 Leute da, sie flogen von überall her ein. Da haben wir weitergemacht. Aufgesplittet, 60, 65% Nashville Pussy 35, 40% Hammer. Nicht wirklich Vollzeit, aber wir sind da.
RA: Alle paar Monate...?
SL: Ja, exakt, so 12/ 13 Shows, dann jetzt Europa, wir haben viel Arbeit in die Platte gesteckt...
RA: Hast du in der Zwischenzeit nicht mal Lust auf eine Band gehabt?
SL: Ich hatte ein paar Fun-Bands, aber ja, ich dachte dran. Ich dachte so gar ne Menge dran. Die Bands waren hauptsächlich Coverbands, zum Spaß. Wir haben sogar ein paar eigene Songs gemacht, "Zebra Lounge" wird sogar auf der neuen Hammer- Platte sein. Wir covern also quasi unseren eigenen Song.
RA: Und die anderen Bandmembers?
SL: Oh, Matt ging vor etwa 1 ½ Jahren, beinahe 2, er hat ein paar Kinder. Er war über zehn Jahre in der Band, kein Streit oder so was, er konnte nur einfach nicht. Aber es gibt noch ein paar Drummer und Bassspieler in Lexington...
RA: Werdet ihr hier in Linken Läden eigentlich manchmal angesaugt, von wegen Südstaatler und Redneck oder so etwas?
SL Oh, der Krieg und so? Nein, gar nicht. Die Leute sind schlau genug zu merken, dass Bush nicht grade mit einem Erdrutschsieg gewonnen hat, sondern mit weniger als einem Prozent. Das heißt immerhin, dass die Hälfte der Leute gegen ihn gestimmt hat, inklusive aller Nine Pound Hammer- Mitglieder. Wir haben dagegen gearbeitet.
RA: Tja, mal sehen wir haben vielleicht bald ganz ähnliche Probleme...
SL: : Mit Schröder?
RA: Nee, der ist ja grade...
SL: Ach so, geschlagen worden oder so....
RA: Blabla Wiederwahl...die andern noch fieser... Nicht euer Problem.
SL: Mit der Globalisierung wird das aber ja so etwas jedermanns Problem...
RA: Wie auch immer. Ich habe gelesen von der Sache mit der Cartoon- Serie 10 Ounce Mouse... (9LbH haben für die Trickserie den Titelsong geschrieben)
SL: 12 Ounce, wie die hier (schwenkt sein 0.33er Bier). "Krombacher"? Äh, ja, große Sache, das. Das ist von den Leuten, die "Aqua Teen Hunger Force" gemacht haben und es wird im August ausgestrahlt.
RA: Aber "ATHF" war doch eigentlich mehr so'n HipHop- Ding...
SL: Ja, der Titelsong, aber dieser Typ, der die Serie macht, wir sind eine seiner Lieblingsbands. Es soll eben auf die Show passen, und die ist eher Redneck und White Trash.
RA: Hast du die Serie schon gesehen?
SL: Nein, er hat sie mir bis jetzt nur beschrieben. Aber Ich hab eine kleine Sprechrolle darin.
RA: Oh, welche?
SL: Ein Charakter namens Rooster, ein Corn- dog farmer. Ich bin aber nur in zwei Episoden.
RA: Die Dialoge bei Aqua Teen Hunger Force waren aber doch zum Teil improvisiert, war das bei "12 Ounce" auch so?
SL: Nein, es gab schon ein Script. Aber wenn etwas lustig war haben sie's auch drin gelassen. Es hieß dann einfach denk dir was aus. Das ist schon groß für uns, hoffentlich bringt es der Band was.
RA: Noch mal zu dieser Redneck- Sache, kommst du wirklich richtig vom Land?
SL: Klar.
RA: Worauf ich hinaus will, ich auch mehr oder weniger, aber für mich war's eher Langeweile und Leute, die dir was reinhauen wollen... Was gefällt dir daran?
SL: Ja, schrecklich! Als Kind, wenn dich deine Eltern dazu zwingen zu Arbeiten, auf der Tabakfarm, das ist übel. Aber heute, ich mag es. Mein Vater wohnt auf dem Land, ich mag es lieber als die Stadt. Lexington ist da ideal, wenn du aus der Stadt rausfährst bist du gleich auf dem platten Land, eigentlich genau wir hier.
RA: Auf eurer Homepage gibt's ein paar nette Seitenhiebe gegen die Alternative Country- Szene. Was ist die übelste Countrymusik momentan?
SL: Oh die Alt- Country- Szene! Old 97s (?) oderWhiskey Town, das ist nur lahm, ein Haufen 25- jähriger, die dir erzählen sie kennen das Leben und das tun sie nicht. Das Zeug ist wirklich groß bei uns zur Zeit. Was? Adam Green? Kenn ich garnicht, aber ja, das hört sich genau danach an…
RA: Gibt's deiner Meinung nach denn noch guten Country?
SL: Klar, Dwight Yoakam. Der ist mein Favorit, in Country, Rock AND Roll, auf einer Stufe mit Elvis, wenn du mich fragst. Die Georgia Satellites, der Kerl der ihre Songs schreibt, Terry Anderson, der ist ein brillanter Songwriter. Southern Culture on the Skids, kennst du die? Die sind gute Freunde von uns, sehr gute Band. Und eine Band aus unserer Stadt, Sunday Valley. Und das neue Loretta Lynn- Album, da hat Jack White mitgearbeitet, das ist sehr gut. Aber es gibt immer noch soviel Mist. Wie die Alt Countrys, die wissen einfach nicht, wovon die singen. Wir schon, gut, wir überspitzen das gern mal etwas, die Country- Mythen, aber das ist nun mal so, es gibt eben Leute, die in ihren Pickups rumfahren und jagen, biersaufen und in Trailern leben, das ist eben verdammt echt.
RA: : Warst du mal jagen?
SL: Nicht auf Wild, nein, nur auf Frösche. Das machst du nachts, mit nem 22er Gewehr und einer Taschenlampe, du latschst durch den Tümpel und leuchtes und kannst große Ochsenfrösche erwischen (zeigt mit den Händen etwa die Größe eines Fußballs). Ich bin kein großer Jäger. Aber wie Chris Rock es so gesagt hat, die Amerikaner sind die einzigen, die mit nem vollen Magen jagen. Aber ich würde, wenn ich müsste. Ich liebe Wildfleisch. Wenn ich meine Familie ernähren müsste, dann würd ich.

Passenderweise kommt gerade eines der restlichen Bandmitglieder rein und verkündet Scott, dass er da Essen beinahe verpasst hat. Dementsprechend kurzangebunden antwortet er dann auch auf meine Frage nach Barbecue- Tipps (ein heißes Wochenende war vorhergesagt): Bier aufs Fleisch und die Marinade gut würzen. Na bestens. Bush wählen sie nicht, Tiere töten sie, aber nur Frösche und dann so ausgelutschte Barbecue- Tipps? Das sollen Amis sein? Auch noch Südstaatler? What the Heck?

Duniel (aus Rockass Nr. 7/ Dez. 2005)
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Schon immer hatte ich eine größere Sympathie für Bands, die jahrelang im Verborgenen, aber mit Konsequenz und Enthusiasmus vor sich hinprödeln, als für gehypten One-Hit-One-Album Bands, die nach der NME Titel-Story im Nichts verpuffen. M.O.T.O. gehören sicher in die erste Kategorie. Es gibt sie schon seit 1981, aber erst seit sie in der Programmvorschau des Gleis 22 auftauchten, nahm ich sie das erste Mal war und besorgte mir ihre letzte 7“ „Spiral Slouch“. Nicht nur der Titel referenziert an die Buzzcocks, auch die Musik bietet einfache, hymnische Gitarrenmusik mit (Sixties-) Pop Appeal. Auch Achtziger Post-Punk Indie Größen wie TVP´s und Konsorten lassen grüßen. Bei näherer Recherche findet man dann heraus, das es schon einen ganzen Haufen Veröffentlichungen seit den Achtzigern gibt. Als nix wie hin zum Gig der Truppe aus Chicago um „Mastermind“ Paul Capparino.
Den Eindruck, den man beim Anhören der Platten assoziierte, bestätigte sich dann beim Gespräch mit der Band. Es handelt sich um durchweg nette, etwas distanziert-verschrobene Gestalten, die, na ja, wie soll man sagen, von der Natur aus nicht mit allzu viel natürlicher Schönheit gesegnet wurden. So wird, gottseidank, der kommerzielle Durchbruch auf höchster Ebene noch etwas auf sich warten lassen. Sehr nett übrigens: Der Basser stieg mit einem nur noch mit 3-Saiten versorgtem Instrument auf die Bühne, ein sympathischer Konter zu den 5-saitigen Mucker-Teilen, die überambitionierte Musiker, überwiegend junge Heißsporne, meinen mit auf die Bühne schleppen zu müssen. Einfach heißt hier: Gut! Schade, dass Paul ein wenig kränkelte, denn so wurde nur knapp 2 Stunden gespielt, sonst würden sie länger auf der Bühne stehen. So konnte man dann auch Rockmusiker auf der Bühne ein Tässchen Tee verzehren sehen, statt wie sonst immer nur Pils und Jägermeister. Also, hier ein Interview mit Paul, der beim Gespräch ziemlich neidisch auf seine Kollegen schielte, die bereits anfingen, das leckere Gleis- Bandessen zu verspeisen:

ROCKASS: M.O.T.O. bist im wesentlichen Du und eine wechselnde Anzahl von Hilfs-Musikern?
PAUL: Wir hatten für ungefähr 7 Jahre ein ziemlich festes Line-up, Rebecca Dudley am Schlagzeug und mich, dann, so seit ca. 9 Jahren, Dennis Spark am Bass und eine ganze Reihe von Schlagzeugern, unter anderem der Schlagzeuger von KILL HANNA, weiß nicht ob die in Deutschland groß sind, in den USA sind sie jetzt auf einem Major Label. Dennis kann leider im Moment nicht spielen, da er Vater geworden ist. Im Moment habe ich eine Vier-Mann Band am Start, Bartsch(?) Gitarre, Jay Jay am Bass und Brian am Schlagzeug. Das funktioniert jetzt für ein paar Jahre. Ich habe früher alles alleine gemacht, Gitarre zur Drummachine aufgenommen, aber die letzten Sachen alle mit Band aufgenommen. In den Achtzigern habe ich viel auf Cassette rausgebracht, weil das das einzige war, was ich mir leisten konnte. Zu jener Zeit wechselten die Bandmitglieder auch häufiger, da war ich der einzige der für die Band stand und so war es dann eben meine Band.
RA: Du bist mittlerweile nach Chicago gezogen. Ist das die perfekte Stadt in den USA für Independent Music?
P: Chicago ist schon ziemlich gut, es geht eine Menge ab. Viele Arten von Musik passieren da. Also sie ist nicht die perfekte Stadt, aber eine gute!
RA: Bist du mit anderen Bands oder Musikern aus Chicago befreundet?
P: Ja, schon. Ich gehe allerdings nicht mehr soviel aus und sehe Bands. Es ist zu teuer und außerdem ist es mir immer zu spät. Ich gehe lieber nach Hause, schlafe und lese ein Buch. D.h. ich lese das Buch und schlafe dann!
RA: Auf deiner Internet Page steht was davon, dass du Steve Malkmus (von Pavement) in den Hals gebissen hast. Was steckt da für eine Story hinter?
P: Oh, das war nichts großes, nur ein Witz. Ich habe ihn nicht verletzt, es war eigentlich kein großer Biss.
RA: Also nichts persönliches?
P: Nein, nein, nur ein joke.
RA: Ich habe bei den Reviews zu euren letzten Releases das Schlagwort „the Punkrock-Guided by Voices“ gelesen. Ist das ein okayes Label für dich?
P: Mir ist egal, wie die Leute uns nennen, solange sie zu unseren Konzerten kommen.
RA: Fühlst du dich mehr vom klassischen Punkrock oder vom Achtziger Indie-rock beeinflusst?
P: Ich sehe die Einflüssen auch vom Sixties Garage-Sachen. Eigentlich versuche ich mich von überall beinflussen zu lassen, Sechtziger, Siebziger und Achtziger. (Das ist in der Tat fast Alles!)
RA: Der zweit-häufigste Bandname bei den Reviews, wenn es um Vergleiche geht, sind die Buzzcocks. Seid ihr Fans?
P: Oh, ja, wir haben auch schon mit ihnen zusammen gespielt. Ich bin ein großer Fan, ich mag auch ihre letzten Platten ziemlich.
RA: Es gibt MOTO jetzt seit 23 Jahren, wenn ich richtig gerechnet habe. Was siehst du für wichtigste Veränderungen in der sogenannte „Indie-Szene“?
P: Ich denke das Internet ist die größte Veränderung. Und die vielen Indie-Plattenfirmen, die hervorgekommen sind im Laufe der Jahre. Jeder kann so eine Platte oder wenigstens eine CD herausbringen.
RA: Wie war es bis jetzt auf eurer Tour? Ist das eure erste in Europa?
P: Das ist unsere zweite Tour. Die erste ist ziemlich unglücklich verlaufen. Laurence, unserer Gitarrist, hatte zu der Zeit einen philippinischen Pass und wusste nicht, dass man in Deutschland ein Visum braucht. Er musste also wieder heim fliegen und als er dann mit Visum zurück war, war die Tour fast vorbei. Das war im Dezember 2002. Im nachhinein wäre es besser gewesen, wir hätten die ganze Tour gecancelt und wären später noch mal gekommen. Wir dachten, Lawrence würde mit dem nächsten Flugzeug wieder herkommen, na ja, es war sehr lehrreich, aber nicht wirklich das Beste. Jetzt läuft es besser, wir spielen besser und die Besucherzahlen steigen. Aber wir machen immer noch kein Geld damit.
RA: Wie war es in Hamburg? Ich war an dem Samstag zufällig dort, hatte aber einen Gästeliste-Platz für John Spencers Blues Explosion und habe mich dann gegen euch entschieden.
P: Ich habe mich schon immer gefragt, wer John Spencer mag, aber okay, er ist ein netter Typ, ich habe ihn einmal getroffen. Die Show war ok., aber der in-store Auftritt bei Burnout Records anderthalb Wochen später war viel besser als der in der Tanzhalle.
RA: In deiner Biographie steht, das du bei RECORD EMPORIUM arbeitest. Was ist das für ein Laden?
P: Das ist ein altmodischer Plattenladen, altmodisch heißt, dort arbeiten Leute, die noch wissen, was LP´s sind. Mein Boss Mike Felton versucht, die klassische Sorte Plattenladen am Leben zu erhalten, es gibt eine Laden-Hälfte mit CD´s und eine Hälfte mit Vinyl.
RA: Bezahlt das die Rechnungen oder machst du Geld mit der Band?
P: Meine Frau bezahlt die Rechnungen, sie heißt Alison, mit einem „L“, sie ist Bibliothekarin.
RA: Hast du schon Platten auf Tour gekauft?
P: Ich würde gerne, habe aber keinen Platz sie zu verstauen. Ich habe eine Platte geschenkt bekommen, die habe ich zu unserem Merchandise gesteckt. Ich möchte nicht irgendwas Rares kaufen, es die ganze Zeit rumschleppen und dann geht es im Flugzeug kaputt.
RA: Eure letzte Single ist auf „Shit-Sandwich“-Records rausgekommen. Was ist das denn für ein Label, der Name hört sich ein wenig komisch an?
P: Es ist eine kleines Singles-only Label, das eine gewisse Laura Ugly betreibt. Unsere Singles ist ausverkauft, es gab 5 oder 600 Stück davon. Ich würde sie gerne wieder nachpressen lassen.
RA: Ich finde, das ihr durch Fanzines mehr und mehr bekannt werdet. Habt ihr dieselbe Beobachtung gemacht?
P: Ich glaube, das Internet ist hilfreich dabei. Es ist ein gutes Instrument, Leute zu kontaktieren, früher musste man immer Briefe schreiben.
RA: Wieviel Leute kommen zu euren Shows:
P: Schwer zu sagen, auf jeden Fall kommen mehr wenn wir außerhalb von Chicago spielen.

Pete Rockass (aus Rockass Nr. 5/ Feb. 2005)
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